Der Besuch der Polizei kann viele Gründe haben. Kommt die Polizei jedoch mit einem Haftbefehl vorbei oder teilt einem mit, dass man nun festgenommen sei, zum Zwecke der Untersuchungshaft (kurz: U-Haft), spätestens dann wird es kritisch. Was die Hintergründe sind und wie Sie sich verhalten sollten, erfahren Sie hier:
1. Voraussetzungen der U-Haft
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens kann sich der Tatverdacht derart erhärten, dass die Ermittlungsbehörden zur Sicherung des Verfahrens und des Tatverdächtigen einen sog. Haftbefehl beantragen. Dieser muss durch einen Richter erlassen werden.
Für eine Untersuchungshaft und damit für einen Haftbefehl müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:
Es muss ein dringender Tatverdacht gegen den Beschuldigten bestehen. Der einfache Verdacht einer Straftat alleine reicht nicht aus. Ausnahmen stellen nur die sogenannten Kapitalverbrechen wie Mord, Totschlag oder ähnliche schwere Taten (vgl. § 112 Abs. 3 StPO) dar.
Weiter müssen Haftgründe vorliegen. Solche sind:
Fluchtgefahr: Man fürchtet, dass Sie im Zuge des Ermittlungsverfahrens flüchten oder Sie sind bereits auf der Flucht.
Verdunkelungsgefahr: Sie wirken auf Beteiligte oder Beweismittel ein und es besteht somit die Gefahr, dass die Ermittlungen der Polizei zum tatsächlichen Geschehen gefährdet werden.
Wiederholungsgefahr: Es besteht der dringende Verdacht, dass Sie die Straftat fortsetzen oder weitere Straftaten begehen.
Abschließend muss dies Maßnahme der Untersuchungshaft, wie jedes staatliche Handeln, verhältnismäßig sein. Es darf daher keine mildere Maßnahme gegeben sein, um das gleiche Ziel zu erreichen.
2. Haftbefehl
Die Festnahme wegen Untersuchungshaft wird Sie im Regelfall überraschend treffen, insbesondere, wenn Sie von den laufenden Ermittlungen noch nichts wussten. Die Polizei wählt für den Zeitpunkt häufig Uhrzeit und Orte aus, an denen Sie eine solche Maßnahme nicht erwarten.
WICHTG: Lassen Sie sich bei der Festnahme auf jeden Fall den Haftbefehl zeigen. In diesem müssen der Vorwurf und die Haftgründe vermerkt sein.
In besonderen Fällen dürfen die Ermittlungsbeamten auch ohne einen richterlich angeordneten Haftbefehl tätig werden. Ein vorheriger Haftbefehl ist daher nicht notwendig. Es handelt sich dann um eine vorläufige Festnahme, welche nur zulässig ist, wenn aus Sicht von Polizei und Staatsanwaltschaft die Voraussetzungen für einen Haftbefehl vorliegen. Der Festgenommene muss jedoch unverzüglich – spätestens am nächsten Tag – dem Richter vorgeführt werden, der dann entweder die Freilassung anordnet oder einen Haftbefehl erlässt, § 128 StPO. Erfolgt keine Vorführung, endet die Frist mit Ablauf des Tages nach der Festnahme. Dies ist in der Praxis häufig problematisch, wenn Sie vor oder an einem Wochenende festgenommen werden. Zögern Sie daher nicht einen Strafverteidiger zu kontaktieren.
3. Ihre Rechte
Bei einer Festnahme haben Sie das Recht, einen Strafverteidiger anzurufen. Kontaktieren Sie ihn spätestens aus der Untersuchungshaft hinaus.
Schweigen Sie und reden Sie nicht mit der Polizei oder Staatsanwaltschaften, bevor Sie nicht mit einem Anwalt gesprochen haben. Auch wenn Sie meinen, sich schnell rausreden zu können, verkneifen Sie sich jedes Wort!
Ihr Rechtsanwalt wird umgehend prüfen, ob der Haftbefehl oder eine vorläufige Festnahme überhaupt rechtlich zulässig sind. Liegen keine Haftgründe vor, kann Ihr Verteidiger dafür sorgen, dass Sie sofort freikommen und die Nacht nicht in Untersuchungshaft verbringen müssen.
4. Ablauf und Haftbedingungen der U-Haft
Die U-Haft ist ein schwerwiegender Eingriff in Ihre persönliche Freiheit. Sie werden von jetzt auf gleich aus Ihrem gewohnten Lebensrhythmus gerissen. Ferner gibt es in Untersuchungshaft einige Einschränkungen, die über die normalen Haftbedingungen einer Strafhaft hinausgehen.
Die Haftbedingungen der U-Haft unterschiedlich, bundeslandabhängig und hängen hinsichtlich der Unterbringung auch davon ab, ob es sich um eine neue oder um eine ältere Haftanstalt handelt. Ihnen stehen aber bestimmte Rechte zu, die stets gewährt werden müssen. Dazu gehört etwa der Anspruch auf eine Einzelzelle – Sie können also nicht gezwungen werden, sich eine Zelle mit anderen Gefangenen zu teilen, wenn keine besonderen Umstände dafürsprechen, z.B. bei Suizidgefahr. Tatsächlich wird dieses Recht allerdings in vielen Haftanstalten aus Gründen der Überbelegung missachtet.
Im Einzelnen gelten u. a. folgende Haftbedingungen für jede Haftanstalt:
Ihnen steht ein unverzügliches Telefonat mit einem Strafverteidiger oder – falls Ihnen ein Anwalt noch nicht bekannt ist – z. B. mit einem Angehörigen zu. Hier gilt es die wichtigsten Fakten abzufragen und zu erhalten. Es ist daher entscheidend, dass Sie sich mit einem erfahrenen Verteidiger in Verbindung setzen. Diesen Angehörigen oder eine sonstige Person des Vertrauens können Sie telefonisch oder schriftlich benachrichtigen.
Jedes weitere Telefonat mit Angehörigen oder Freunden bedarf einer vorherigen Erlaubnis des Staatsanwaltes oder des Haftrichters. Diese werden recht selten erteilt, da sonst schwer kontrollierbar ist, welcher Nachrichtenaustausch stattfindet.
Daher sollten Sie so schnell wie möglich einen Verteidiger beauftragen, da dieser anderen Regeln unterliegt.
Auch sonstiger, unkontrollierter Kontakt nach außen ist nicht erlaubt. Daher erhalten die Untersuchungsgefangenen auch keinen Zugang zum Internet.
Die Post der Untersuchungshäftlinge wird kontrolliert. Nur die Anwaltspost ist davor geschützt.
Die Besucherregeln weichen in den Haftanstalten und in den Bundesländern voneinander ab. Daher sollten Sie weitere Informationen durch einen Verteidiger erhalten.
Fakt ist jedoch, dass Ihnen ein Besuchsrecht durch Angehörige und Freunde zusteht.
5. Weiteres Verfahren und Dauer der Untersuchungshaft
Wir werden umgehend Ihre Ermittlungsakte bei der Staatsanwaltschaft anfordern und uns einen ersten Überblick über den Tatvorwurf machen. Spätestens am Tag nach der Verhaftung findet ein Vorführtermin statt, indem über die Untersuchungshaft oder eine Haftverschonung, ggf. mit Festsetzung einer Kaution, entschieden wird. Gegen Beschlüsse des Haftrichters ist die schriftliche Beschwerde zulässig. Wir werden mit Ihnen gemeinsam eine solche und das weitere Vorgehen prüfen.
Wurde die Untersuchungshaft angeordnet, ist nach entsprechendem Antrag spätestens zwei Wochen nach der Verhaftung eine Haftprüfung durchzuführen. Der Ermittlungsrichter prüft, ob die U-Haft fortgesetzt wird. Da wir dann im Regelfall bereits die Ermittlungsakte vorliegen haben, können wir uns auf den Termin vorbereiten und mit Ihnen vorab besprechen. Die Fortsetzung der Untersuchungshaft ist nur zulässig, wenn weiterhin dringender Tatverdacht besteht.
Liegen keine ausreichenden Beweise für den dringenden Tatverdacht vor, sind Sie als Betroffener aus der Haft zu entlassen. In diesem Fall werden wir zusammen über einen möglichen Schadensersatzanspruch sprechen. Erfolgt dagegen keine Freilassung, ist als weiteres Rechtsmittel eine Haftbeschwerde zum nächsthöheren Gericht möglich. Sollte dieses ebenfalls gegen eine Freilassung entscheiden, bleibt der Beschuldigte in der Regel bis zur Hauptverhandlung in U-Haft. Bis dahin dauert es zwischen drei und sechs Monaten, bei umfangreicheren Verfahren kann es aber auch länger als sechs Monate dauern. In diesem Fall gibt es eine weitere Möglichkeit der Haftprüfung.
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